Der demokratische Offizier: Franz Sigel

Franz Sigel war unter den führenden Revolutionären von 1848/49 eine Ausnahmeerscheinung. Er schloss sich als einer der wenigen Berufsoffiziere aus demokratischer Überzeugung der Revolution an. In Mannheim war Franz Sigel Leutnant im 4. Infanterieregiment. Hier merkte er, dass seine liberalen Ansichten zunehmend mit dem rückständigen feudal-ständischen Militärsystem in Widerspruch standen. Sein Gewissenskonflikt zwischen militärischem Gehorsam und politischer Überzeugung führte 1847 zu seinem Abschied aus der Armee.

Bei Ausbruch der Revolution im März 1848 fühlte sich Franz Sigel berufen, seine militärischen Kenntnisse und Fähigkeiten den demokratischen Revolutionären zur Verfügung zu stellen. Er übernahm die Führung einer der Kolonnen des Heckerzuges. Die von Friedrich Hecker und Gustav Struve ausgerufene revolutionäre Bewegung im Südwesten Deutschlands scheiterte aber an der Überlegenheit des Gegners. Nach der Niederlage floh Franz Sigel in die Schweiz. Im Mai 1849 kehrte er bereits nach Baden zurück. Dort hatte nach dem Rastatter Soldatenaufstand der Landesausschuss der Volksvereine, mit Lorenz Brentano als Vorsitzenden, die provisorische Regierung übernommen. Während der militärischen Auseinandersetzung mit den preußisch dominierten Interventionstruppen war er zeitweise Kriegsminister. Später wurde er stellvertretender Kommandeur unter dem polnischen General Ludwik Mieroslawski und schließlich Oberkommandierender der Revolutionsarmee. Trotz tapferer Gegenwehr mussten sich die badischen Demokraten geschlagen geben. Es ist der Verdienst von Franz Sigel, dass die völlige Vernichtung seiner Truppen verhindern werden konnte. Durch einen Rückzug in die Schweiz bewahrte er viele Weggefährten vor den preußischen Standgerichten.

Nachdem die Badische Revolution endgültig niedergeschlagen war, verbrachte Franz Sigel zunächst einige Jahre im Exil in der Schweiz und in London. 1853 wanderte er in die USA aus. Zunächst ließ er sich in New York, später in St. Louis nieder. In den USA arbeitete Franz Sigel als Kaufmann, Landvermesser, überwiegend aber als Lehrer. Mit Ausbruch des amerikanischen Sezessionskrieges im Jahre 1861 begann er seine zweite militärische Karriere. In der Unionsarmee stieg er zum Rang des er Generalmajors auf.

Für ihn und die anderen in die USA emigrierten Demokraten war der Amerikanische Bürgerkrieg nicht nur ein Kampf zwischen dem Norden und den abtrünnigen Sklavenhalterstaaten des Südens für den Erhalt der Union. Für sie war er auch der „Zweite Freiheitskampf“ oder „The Second Baden Revolution“. Erneut ging es um Menschenrechte, Freiheit und die Bewahrung der Demokratie, während die Südstaaten alte feudale Strukturen sozialer Ungleichheit verkörperten.

Zu Beginn des Bürgerkrieges hat Franz ganz entscheidend dazu beigetragen, dass der US-Bundesstaat Missouri in der Union verblieb. Er konnte nicht nur die ehemaligen Mitstreiter der Badischen Revolution, sondern tausende weitere deutschstämmige Amerikaner für die Sache der Union begeistern.

Nach dem Krieg war Franz Sigel als Zeitungsverleger, Journalist und Staatsbeamter tätig. Seinen demokratischen Überzeugungen blieb er auch in seinem zivilen Berufsleben, insbesondere in seiner journalistischen Arbeit treu. Als er am 21. August 1902 in New York starb, begleiteten über 25 000 Menschen den Trauerzug. In Sinsheim, Bruchsal und Mannheim sind Straßen nach ihm benannt.