Der Turnvater: Johann Friedrich Ludwig Christoph Jahn

Als Sohn eines Dorfpfarrers geboren, wuchs Friedrich in einem volkstümlich-protestantischen Umfeld auf. Der Junge machte vor allem mit seinem unangepassten Verhalten von sich reden. Seine Schul- und Studienjahre waren konfliktbeladen. Immer wieder geriet er in Streit mit Lehrern, Mitschülern und Kommilitonen. Für die angestrebte Lehrerlaufbahn konnte er sich nicht qualifizieren. 1806 verließ er die Universität ohne Abschluss.

Bereits während seiner Studienzeit arbeitete Friedrich als Hauslehrer in Neubrandenburg. Er unterrichtete die Kinder des Baron von le Fort und führte für die Schüler der oberen Klassen der dortigen Gelehrtenschule das Turnen ein. Das Turnen war zu Beginn des 19. Jahrhunderts allerdings kein Sport. Es war eine Art Nationalerziehung, bei der Bewegungsübungen eine zentrale Rolle spielten. Friedrich wollte die jungen Männer sowohl körperlich als auch geistig auf den Kampf gegen die napoleonische Armee vorbereiten. Anregungen erhielt er 1807 von Johann Christoph Friedrich GutsMuths, einem experimentierfreudigen Pädagogen, der bereits Bewegungsübungen in seinen Unterricht integrierte.

Friedrich bildete aber nicht nur andere junge Männer aus. Er war selbst als Kurier in den Freiheitskriegen tätig. Seine Erfahrungen während der Schlacht von Jena und Auerstedt 1806, die vielen Toten und Verletzten, die er sah, schürten seinen Hass auf Napoleon und  prägten seine Weltanschauung. Gemeinsam mit einigen Freunden gründete er am 13. November 1810 den geheimen Deutschen Bund. Der Bund verfolgte das Ziel der Befreiung und Einigung Deutschlands. Friedrich arbeitete jetzt als Hilfslehrer an der Plamannschen Erziehungsanstalt (Graues Kloster) in Berlin. Hier widmete er sich der Turnerei und veröffentlicht sein Buch „Deutsches Volkstum“. In diesem forderte er gesellschaftliche Veränderungen wie die Aufhebung der ständisch-feudalen Ordnung, allgemeine Bürgerrechte und Mitbestimmung in einem deutschen Einheitsstaat. Zugleich fand sich darin aber auch die Ablehnung alles Fremden und – vereinzelt –antijüdische Aussagen.

1811 eröffnete er den ersten öffentlichen Turnplatz in der Berliner Hasenheide. Seine Turngesellschaft betrachtete er als politische Gemeinschaft und Keimzelle zur Verbreitung seiner Ideen zur Befreiung Deutschlands von der napoleonischen Herrschaft und eines künftigen deutschen Reiches unter preußischer Führung. Schon bald symbolisierten Turnplätze an vielen Orten in Deutschland den Einheitsgedanken. Die Turner verstanden sich als Kämpfer für Freiheit und nationale Einheit. Oft schlossen sie sich Freiwilligenregimenten an, um gegen die französischen Herrscher zu kämpfen.

Nach dem Sieg über Napoleon kam die erhoffte nationale Einheit nicht zustande. Die Turnbewegung geriet in Opposition zu den politischen Verhältnissen. Turner und Burschenschafter galten nun als Staatsfeinde und Aufrührer. Nachdem einer von ihnen, Karl Ludwig Sand, den Dichter August von Kotzebue ermordet hatte, wurde das Turnen verboten. Burschenschafter, Turner und Oppositionelle wurden in den nächsten Jahren unter staatliche Beobachtung gestellt und verfolgt. Unter diesem Vorwand verhaftete die Polizei Friedrich als „gefährlichen Demagogen“. Als solcher wurde er bis 1825 inhaftiert. Nach seiner Haftentlassung zog er ins Exil nach Freyburg an der Unstrut, wo er bis 1840 unter Polizeiaufsicht stand.

Die vormärzliche Männerturnvereinsbewegung, die sich nach der Aufhebung des Turnverbots 1842 bildete, verehrte Friedrich als „Turnvater“. 1848 wurde er in das Frankfurter Vorparlament berufen und als Abgeordneter in die Frankfurter Nationalversammlung gewählt. An seinen politischen Zielvorstellungen hielt Friedrich fest. Er verabscheute die Vorgehensweise, Forderungen und die politischen Überzeugungen der radikalen Demokraten. Die Abwanderung vieler Männerturnvereine in das radikaldemokratische Lager während der Revolutionsjahre konnte er nicht nachvollziehen. Er brach deshalb mit vielen Turnern.

1849 zog er desillusioniert in seine Wahlheimat Freyburg zurück. Im Alter von 74 Jahren starb er dort am 15. Oktober 1852 in seinem Haus am Stadtrand. Nach zweimaliger Umbettung (1894 und 1936) hat er seine Ruhestätte im Garten seines Wohnhauses, dem heutigen Friedrich-Ludwig-Jahn-Museum, gefunden.