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Revolution 1848

Verfassung

Mit schriftlichen Verfassungen geben Menschen ihrem politischen und rechtlichen Zusammenleben verbindliche Regeln. Schon im Jahr 1215 sicherte die „Magna Charta“ dem englischen Adel politische Freiheiten gegenüber dem König zu. Volkssouveränität und Gewaltenteilung wurden 1755 erstmalig in einer Verfassung festgeschrieben: auf Korsika in italienischer Sprache. Ende des 18. Jahrhunderts wurden unveräußerliche Grundrechte zum ersten Mal in Verfassungen verankert: erst in den USA (1789), dann in Polen (1791) und danach in Frankreich (1791/ 1793) – immer bezogen auf Männer mit eigenem Vermögen. In Deutschland setzten Liberale im frühen 19. Jahrhundert in einigen Ländern ebenfalls Verfassungen zur Begrenzung der absoluten Herrschaft und Willkür der Fürsten durch.

Europaweiten Nachdruck verlieh dann die Revolution 1848/49 dem Wunsch nach einer Verfassung. Eine der ersten Erfolge der Verfassungsforderung konnte schon im April 1848 in Ungarn verzeichnet werden, wo eine Verfassung mit umfassenden Grund- und Bürgerrechten durchgesetzt werden konnte. Auch garantierte sie weitgehende Pressefreiheit und Autonomie Ungarns von der Habsburgermonarchie. Andererseits benachteiligte sie auch massiv die nicht-ungarische Bevölkerung des Königreiches gegenüber den ethnischen Ungar:innen (Magyar:innen), beispielsweise im Bereich des Wahlrechts. Der Widerstand gegen diese Verfassung und das Eingreifen der habsburgischen Truppe führte letztlich zur Aufhebung dieser Verfassung 1849.

Zeitgleich wurde auch in den deutschen Staaten eine Verfassung gefordert, welche politische Grundrechte und Gewaltenteilung für ganz Deutschland garantieren sollte. Die gewaltigen Umbrüche dieser Zeit führten aber nach heutigen Maßstäben noch nicht zu demokratischen Verhältnissen. So war die Beteiligung von Frauen, Armen und Minderheiten an der politischen Willensbildung nicht vorgesehen.

Das Paulskirchenparlament in Frankfurt am Main verabschiedete nach monatelanger Arbeit im Dezember 1848 einen umfassenden Grundrechtekatalog und im März 1849 die Frankfurter Reichsverfassung für das Staatsvolk eines Deutschen Reiches. Ein solches Staatsvolk existierte noch nicht und sollte aus dem Prozess des revolutionären Aufbegehrens hervorgehen. Die Durchsetzung der Verfassung scheiterte insbesondere an der militärischen Übermacht der reaktionären Kräfte. Vor allem die großen Länder im Deutschen Bund (Preußen, Österreich, Bayern, Sachsen und Hannover) erkannten sie nicht an.

Trotz Niederschlagung der Revolution von 1848/49 setzten sich Verfassungen in Europa im 19. Jahrhundert durch, allerdings ohne wesentliche demokratische Rechte. Erst im 20. Jahrhundert orientierten sich in Deutschland die Weimarer Verfassung (1919) und das Grundgesetz (1949) am Grundrechtekatalog des Paulskirchenparlamentes.