Glaubensfreiheit und Gewissensfreiheit

Seit den Glaubenskriegen im 17. Jahrhundert galt der Grundsatz, dass Bewohner:innen einer Region der Religion der vor Ort Herrschenden angehören sollten. Religionsfreiheit und die Trennung von Kirche und Staat waren deshalb zentrale Anliegen vieler Menschen, die sich in der Revolution 1848/49 engagierten. Dass der Staat sich aus Religionsangelegenheiten herauszuhalten habe, war aber keine neue Forderung. Schon zwei Jahrhunderte zuvor hatte der englische Aufklärer John Milton (1608 – 1674) eine solche Trennung gefordert. Auch die amerikanische Bill of Rights und die französische Deklaration der Menschen- und Bürgerrechte (1789) garantierten die volle Religionsfreiheit.

Durch die Eroberungskriege Napoleons, wodurch Teile der deutschen Gebiete Frankreich unterstellt wurden, galt die Religionsfreiheit auch dort. Mit den Emanzipationsedikten, etwa in Preußen 1812, begann schrittweise die Integration von Jüdinnen:Juden in Staat und Gesellschaft. Begleitet wurde sie aber auch von antisemitischen Krawallen und Berufsverboten. Die vieldiskutierte Jüdische Emanzipation fand so oftmals unter dem Druck einer Assimilierung statt.  1848/49 war die Gleichberechtigung und Emanzipation von Jüdinnen:Juden in den Staaten des Deutschen Bundes auch eine Forderung, welche in der Frankfurter Nationalversammlung beraten und verabschiedet wurde. Ihre Umsetzung lag aber in den Händen der Einzelstaaten, sodass es hier zu erheblichen Unterschieden kam. Erst im weiteren Verlauf erhielt die völlige Gleichberechtigung Gesetzeskraft, im Deutschen Bund 1862 zuerst in Baden. Andere Vorstöße zur Emanzipation, wie etwas durch das ungarische Parlament im Juli 1849, wurden nach dem Ende der Revolution wieder zurückgenommen. In der Habsburgermonarchie sollte erst mit den neuen Verfassungen von 1867 eine umfassende Emanzipation der Jüdinnen:Juden erreicht werden.

In vielen Regionen Europas existierte nach 1849 die Einheit von „Thron und Altar“ weiter.  So hatte Religion weiterhin einen großen Einfluss auf die Schulen, auf das Militär, auf die Universitäten und auf die Staatsverwaltung. Gleichzeitig wurde der Einfluss der Religion auf anderen Gebieten zurückgedrängt. Dies war nicht zuletzt der Industrialisierung geschuldet, welche massive Wanderungsbewegungen ausgelöst und die traditionellen Abhängigkeitsverhältnisse, etwa auf dem Lande, schrittweise verdrängt hatte.