Der Wühler: Gustav Adolf Schlöffel

Gustav Adolf Schlöffel war ein umtriebiger und eigenwilliger Akteur der Revolution. Er stammte aus Niederschlesien. Sein Vater Friedrich Wilhelm, Fabrikant und Gutsbesitzer, vertrat Schlesien als radikaldemokratischer Abgeordneter im Paulskirchen-Parlament.

Gustav besuchte in Breslau das Gymnasium und studierte ab 1846 in Heidelberg Philosophie. Dort engagierte sich der rhetorisch begabte Student in der Turnerbewegung und in einem geheimen politischen Club, dem Neckarbund. Als 1847 in Heidelberg der erste Arbeiterverein gegründet wurde, war Schlöffel ebenso dabei wie bei den Bauernunruhen im Odenwald und bei den großen Volksversammlungen in Baden. Den Behörden galt er als „Wühler“ und „Unruhestifter“. Die Nachricht von den Barrikadenkämpfen in Berlin trieb ihn nach Berlin. Gustav gründete die Zeitschrift „Der Volksfreund“, die auf nur sechs Ausgaben kam, bevor Schlöffel verhaftet wurde.

„Volksfreund“ nannten Gustav auch liebevoll die als „Rehberger“ bekannt gewordenen aufständischen proletarischen Erdarbeiter, die ihn zu ihrem Sprecher und Sachwalter ihrer Interessen machten. Schlöffel hatte die Gabe, den Ton der Arbeitenden zu treffen  und ihren Forderungen Ausdruck zu verleihen. Er hielt sie für das eigentliche revolutionäre Subjekt.

Gustav war sehr von der Fortexistenz des preußischen Obrigkeitsstaates nach der Märzrevolution erbost. Das Justizurteile weiter nach dem überkommenen allgemeinen Landrecht gefällt wurden, brachten Ihn auf die Palme. Das neue Wahlrecht sollte nur indirekt – über Wahlmänner – ausgeübt werden. Die frisch erkämpfte Versammlungsfreiheit unterhöhlten Behörden durch Demonstrationsverbote. Die neue Pressefreiheit galt nicht für Delikte wie „Majestätsbeleidigung“ oder „Vorbereitung von Aufruhr“. Letzteres warfen die Ankläger Schlöffel vor. In Nummer 5 des Volksfreundes hatte er kurz vor Ostern 1848 den Ministerpräsidenten der Märzregierung Camphausen mit Barabbas und den Polizeipräsidenten Minutoli mit Pontius Pilatus verglichen.

Das brachte ihm sechs Monate Festungshaft ein. Die Berliner Demokraten in den politischen Clubs lehnten Gustavs kompromisslose Haltung ab. Dennoch kamen Tausende Arbeiter:innen zusammen, um gegen seine Verhaftung zu protestieren und Pläne für seine Befreiung zu schmieden. Die Spandauer Zitadelle weigerte sich, ihn aufzunehmen. Er wurde deshalb heimlich in die Festung Magdeburg gebracht. Dort brach Gustav drei Wochen vor Ende der Haftzeit aus. 1849 beteiligte er sich am Kampf zur Durchsetzung der Reichsverfassung in Baden, bekleidete Positionen in der badischen provisorischen Regierung, bevor er dort in die Volkswehr eintrat und gegen die preußische Interventionsmacht kämpfte. Er fiel bei der Schlacht von Waghäusel.